Krankheit kommt zu Pferde und geht zu Fuße
Seit es Menschen gibt, gibt es Krankheiten. Seit wir zusammen leben, stecken wir uns gegenseitig an und seither gibt es Epidemien und Pandemien.
Davon macht die Ewige Stadt keine Ausnahme. In unserem YouTube Video und diesem Blogbeitrag beschäftigen wir uns deshalb näher mit der Medizin und Heilkunst im alten Rom.
Zwar hatte die Stadt bereits in der Antike ein ausgeklügeltes Abwassersystem, und die Thermen und öffentlichen Latrinen, ein für die damalige Zeit recht fortschrittliches Hygienekonzept: nicht umsonst war Rom im 1. und 2. Jh. n. Chr. die wohl einzige Millionenstadt der Welt.
Doch – Abwassersystem hin und Hygiene her – sind Epidemien zu jeglicher Zeit niemals vollständig an Rom vorbeigegangen. Spuren von Krankheit (und deren Behandlung) lassen sich heute von Wissenschaftlern sogar recht gut an Skeletten nachweisen. Während diese wissenschaftlichen Ergebnisse den meisten von uns allerdings nicht ohne Weiteres zugänglich sind, liegen die Orte, die mit Krankheiten und deren Heilung zu tun haben, oft (fast) direkt vor unseren Augen. So auch in der Ewigen Stadt.
Einer der ältesten Orte diesbezüglich ist die Tiberinsel, welche zwischen dem jüdischen Viertel und dem Stadtteil Trastevere zu finden ist.
Schon zu Römerzeiten befand sich hier der Tempel des griechischen Heilgottes Äskulap. Dessen Schlange wurde, einer Legende nach, aus dem griechischen Epidauros nach Rom gebracht, um die Pest im Jahr 293 v. Chr. zu bekämpfen. Bei ihrer Einfahrt nach Rom soll sie aus dem Boot in den Tiber entflohen sein und die Insel als Ort für den Tempelbau angezeigt haben. Doch die Insel hatte auch ihren ganz praktischen Nutzen:
denn während wir heute in Quarantäne oder im Lockdown auf dem Sofa Serien "watchen", wurden antike Römer mit ansteckenden Krankheiten einfach auf die Insel verbannt. Im 16. Jh. wurde auf der Insel schließlich das Krankenhaus Fatebenefratelli gegründet, welches dort auch heute noch zu finden ist.
Medizin und Heilkunst im alten Rom:
In puncto Medizin gibt es noch einen weiteren und wohl bedeutenderen Ort, der momentan weniger vor, als unter unserer Nase liegt. Und zwar direkt im Forum Romanum. Hier erheben sich die majestätischen Ruinen der Maxentiusbasilika aus dem 4. Jh. n. Chr., die ihr bei unseren Kolosseum und Forum Romanum Touren bestaunen könnt. Gebaut wurde die Basilika auf dem Grund der ehemaligen Horrea Piperiana, antiken Gewürz- und (Heil-)Kräuterkontoren. Irgendwo um diesen Ort herum hat möglicherweise sogar der berühmte, griechische Artzt und Anatom Galenos im späten 2. und frühen 3. Jh. n. Chr. seine „Praxis“ gehabt. In späterer Zeit wurden direkt daneben die Kirchen Ss Cosma e Damiano und S Lorenzo in Miranda. Letztere ist seit 1492 die Kirche der Innung der römischen Pharmazeutiker, erstere die der beiden heilig gesprochenen Ärzte, die im Jahr 303 unter Kaiser Diokletian als Christen hingerichtet wurden. Derzeit arbeitet die Denkmalschutzbehörde auf Hochtouren daran, die Horrea bald auch für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Auch die „Deutschen“ haben in Sachen Krankheit und Heilung ihre Spuren in Rom hinterlassen:
und zwar in Form des ältesten Krankenhauses der ganzen Stadt.
Das Krankenhaus Santo Spirito in Sassia ist noch heute in Betrieb und liegt direkt neben dem Vatikan am Tiberufer. Vorgänger war die vom Sachsenkönig Ina schon 727 n. Chr. gegründete Scola Saxorum und diente als Anlaufstelle für kranke, sächsische Pilger in Rom.
(Achtung: mit Sachsen ist dabei nicht das heutige Bundesland, sondern „Altsachsen“, also einfach gesagt, das ganze nördliche Deutschland, gemeint).
Nach ihrem Verfall gründete Papst Innozenz III. ca. 1204 das Krankenhaus und ließ es, von einem in Frankreich gegründeten Heiligenorden betreuen. Konzipiert war es als Hospital für die einfachen Leute, die Armen und verlassene Kinder.
In der Tat befindet sich hier eine der wohl ältesten uns bekannten Babyklappen. Es war so erfolgreich, das es bereits im 13. Jhd. Filialen über ganz Europa verstreut gab.
Auch besaß das Santo Spirito mit dem Liber Regulae das erste uns bekannte interne Reglement für ein Krankenhaus. Und was hat das ganze nun mit den „Deutschen“ zu tun? Nun, außer dem Namen - eigentlich nichts. Dennoch ist das Santo Spirito ein schönes Beispiel für eine von Rom ausgehende, europäische „Gesundheitspolitik“ die ihre Jahrhunderte auf dem Buckel hat.
In diesem Sinne: Bleibt gesund!
Verfasst von Lars Röhm im März 2020.