Rom ist eine Stadt für Kinofreunde
Ich schalte den Fernseher aus. Gerade habe ich eine nette, kleine, wenn auch etwas seichte Komödie auf Netflix angeschaut (Croce e Delizia, 2019). Das Besondere daran waren einige kurze Szenen aus Rom. Auch wenn der Hauptstrang der Geschichte in Gaeta, einem Badeort am Meer zwischen Rom und Neapel, gedreht wurde. Als Film- und Kinofreund bin ich immer wieder begeistert, wenn ich Szenen aus der Stadt, in der ich lebe, auf der großen Leinwand sehe. Das bringt mir die Geschichten und Schicksale dieser meist fiktiven Personen deutlich näher. Und es regt auch oft zu einem Spaziergang an. Eben genau in den Straßen und auf den Plätzen, die ich auf der Leinwand gesehen habe.
Rom für Kinofreunde - Popkultur bereisen
Und dabei bin ich nicht der Einzige. Seit langem werden auch in Rom Stadtführungen angeboten, die ein Phänomen der Popkultur als zentrales Thema haben, wie zum Beispiel eine „Dan Brown Tour". Die Teilnehmer möchten die Orte besuchen, an denen Robert Langdon seine Abenteuer erlebte. Sie möchten erfahren was Fakt und was Fiktion ist. Andere, Fans von alten Sandalenfilmen, besuchen den Circus Maximus. Und wieder andere möchten wie Joseph Gordon-Lewitt im Film „Looper“ durch das Untergeschoss des Kolosseums springen, oder wie James Bond im Luxusauto durch Rom fahren. Und wir vom Team der Deutschen Römerin amüsieren uns prächtig mit dem Nachfilmen von berühmten Filmszenen, um uns die Pandemie-Langeweile zu vertreiben. Die Popkultur ist ein beliebtes Medium, um die Distanz zwischen der Stadt Rom und dem Alltag der Besucher zu überbrücken, und sie somit dem Besucher auf einer sentimentalen Ebene näherzubringen. Und unsere Stadt bietet dazu zahlreiche Gelegenheiten.
Rom für Kinofreunde - Hollywood in Rom
Ein echter Cineast weiß, was Italien und die Italiener zur Filmgeschichte der Nachkriegszeit beigetragen haben. Paolo Pasolini und Federico Fellini. Sergio Leone und Franco Nero. Sophia Loren, Anna Magnani, Alberto Sordi und Roberto Benigni. Bud Spencer und Terence Hill. Das sind nur einige wenige Namen, die aus der Filmgeschichte nicht wegzudenken sind, ohne die sie lückenhaft wäre. Die Studios von „Cinecitta“, die Mussolini in den dreißiger Jahren in Rom bauen ließ, um Filmproduktionen als Medium für politische Propaganda zu nutzen, sind heute weltbekannt. Im Laufe der Jahre sind dort über 3000 Filme produziert worden. 47 davon sind Oscar Gewinner. „Ben Hur“ gewann beispielsweise 11 Oscars bei 12 Nominierungen.

Wir verbinden Cinecitta vor allem mit den alten Sandalenfilmen aus den 60er Jahren, wie „Quo Vadis“ und „Cleopatra“. Dabei vergessen wir häufig, dass im „Hollywood am Tiber“ auch in den vergangenen Jahren große Filmerfolge entstanden sind, wie „Gangs of New York“, „Der Englische Patient“ oder Terry Gilliams „Münchhausen“. Aufgrund der gegenwärtigen Situation sind die Studios nicht besuchbar, doch bald werden sie sicher wieder ihren normalen Betrieb aufnehmen und es wird wieder möglich sein einige der Hallen, in denen diese Meisterwerke entstanden sind zu besuchen.
Rom für Kinofreunde - Umbaupläne und geplante Investitionen

Im Entwurf zur Verwendung der Mittel des EU Recovery Funds ist eine Investition von 300 Millionen Euro zur Renovierung und Erweiterung der Studios vorgesehen. Ein guter Plan. Die Film- und Fernsehindustrie ist eine Wachstumsbranche, besonders seitdem immer mehr Streaming-Portale für den ständigen Kampf um neue Abonnenten selbst Inhalte produzieren. Italiens Regierung zeigt da Weitsicht. Besonders in Rom begegnen wir auf unseren Spaziergängen und Fahrradtouren immer wieder den weißen LKWs der Filmbranche.
Rom ist eine beliebte Kulisse für Filme und Serien. Als Schauplatz der Fernsehserien für den italienischen Markt, hier „Fictions“ genannt, und auch bei zahlreichen internationalen Produktionen ist unsere Stadt häufig auf dem Bildschirm und der Leinwand zu sehen. Synchronisationsstudios, Filmhochschulen, Zulieferer, alles ist vorhanden, Rom verfügt schon über die notwendige Infrastruktur und qualifiziertes Personal. Mit den Investitionen des sogenannten „Corona Funds“ hat Rom eine Chance sich bald zum Herzstück der europäischen Filmindustrie zu entwickeln.
Rom für Kinofreunde - Fazit
Als Kinofreund schaue ich dieser Entwicklung hoffnungsvoll entgegen. Für unsere Gäste ist es ziemlich aufregend, bei einem Spaziergang zufällig einem internationalen Star bei den Dreharbeiten zu begegnen, oder es ist bewegend, abends im Hotel Filme wie Sorrentinos „La Grande Bellezza“ zu schauen, um Rom nach der Stadtführung mit den Augen eines Kameramannes nochmal zu besuchen.
Verfasst von Niels Arne Dilger im August 2021.